« Darum sind sie so schön zeitlos »
Vintage Möbel sind in aller Munde. Sie wirken der neuen Nüchternheit, Sachlichkeit und Geradlinigkeit der aktuellen Inneneinrichtung entgegen. Die Nostalgiewelle greift um sich und so wird immer häufiger modernes Design mit Altem gemischt. Im Zusammenhang mit Vintage fallen auch Begrifflichkeiten wie Landhausstil, Retro- und Industriestil, die wild vermischt werden. Grund genug, sich mit den verschiedenen Stilrichtungen auseinanderzusetzen, mit ihren Merkmalen, Unterschieden und Gemeinsamkeiten.
Mit dem Begriff Vintage werden im weitesten Sinne auch Antiquitäten unterschiedlicher Stilrichtungen, Modelle der Bauhaus-Ära, Retro Möbel sowie Einrichtungsobjekte im Landhausstil und im Industriestil bezeichnet. Im eigentlichen und engeren Sinne sind Vintage Möbel gebrauchte Stücke, die aus den 20er bis 70er Jahren des vergangenen 20. Jahrhunderts stammen. Im Handel werden sie häufig aufbereitet oder restauriert angeboten, auch wenn Gebrauchsspuren wie kleine Kratzer, verblichene Farben und abgegriffene Oberflächen ihre typischen Merkmale sind. Die meisten Stücke wurden in Handarbeit aus hochwertigen Materialien und insbesondere aus Holz gefertigt. Dementsprechend gering war die Auflagenzahl, sodass es sich vielfach auch um Einzelstücke handelt.
Ob Schrank, Vitrine oder Regal – diese Retro-Möbel haben mittlerweile Jahrzehnte überdauert und liegen noch immer hoch im Kurs. Der Grund ist ihre Zeitlosigkeit und die Möglichkeit, sie mit anderen Stilrichtungen zu kombinieren. Natürlich werden auch neue Möbel hergestellt, denen einen antike Optik hinzugefügt wurde. Man spricht dabei von Shabby Chic.
Eine Zeitreise von den 20er bis zu den 70er Jahren
Vintage Möbel sind zwar alt, aber sie zählen nicht zu den Antiquitäten. Dafür sind sie wiederum zu jung.
Doch nicht allein aufgrund ihres Alters lassen sie sich von anderen Einrichtungsstilen unterscheiden. Denn sie verfügen über ganz bestimmte Merkmale, die sich von Jahrzehnt zu Jahrzehnt gewandelt haben.
Aufgrund ihres Alters von maximal hundert Jahren sind sie meist noch voll einsatz- und funktionsfähig.
Einrichtungsgegenstände aus den 20ern
Wir sprechen von der Zeit, in der Waschtische mit Waschschüsseln und Wasserkannen aus Emaille gängig waren. Vintage Möbel aus diesem Jahrzehnt gaben sich meist verschnörkelt und wirkten rund, ja fast dickbauchig. Das galt nicht nur für den Schrank im Wohnzimmer oder Küche, sondern auch für Stühle und Tische, die nicht nur eckige, sondern ovale Formen hatten. Auch die Sofas waren wuchtig und dick gepolstert.
Nachts versank man in ebenso eleganten Betten. Wollen Sie sich in diesem Stil einrichten, dann kommt Beispielsweise ein schöner Couchtisch aus Sheesamholz, der durch recycletes Holz ganz unterschiedliche Maserungen aufweist, hervorragend zur Geltung. Daneben passt ein stilvoller Vintage Sessel mit Beinen im Kolonialstil.
Die 30iger Jahre
Auch dieses Jahrzehnt hatte seinen ganz eigenen Wohnstil. Vintage Möbel wurden häufiger mit Furnieren gefertigt, was sie preisgünstiger gegenüber Massivholzmöbeln machte. Die Formgebung wurde schlichter.
Für die Fabrikation wurde jetzt auch Stahl verwendet, insbesondere für Stuhl- und Tischbeine sowie für Beschläge. Waschtische wurden meist mit Marmorplatten verziert.
Fröhlicher wurde es in der zweiten Hälfte der 40er Jahre
Vintage Sofas und Sessel aus diesem Zeitraum weisen geschwungene Formgebungen auf und sind von geblümten Stoffen verziert. Die Stoffe sind sehr robust und aus stabilen Garnen gewebt. Das Inventar sollte damals ein Leben lang halten.
Anrichte, Schrank und Vitrine bestanden aus massivem Wurzelholz und wurden manchmal mit aufwändigen Holzschnitzereien verziert. Die stilvollen Holzbetten gaben sich groß und endeten mit hohen geschwungenen Abschlüssen.
In den 50er Jahren
Es war eine Befreiung, dass der Krieg vorbei war. Die Lebensfreude wuchs und wirkte sich bei der Inneneinrichtung auf die Wahl der Farben aus, die sehr intensiv oder auch pastellfarben waren. Vor allem die Formen änderten sich. Die Tischbeine wurden dünn und Nierentische hielten Einzug in die Wohnzimmer.
Dort standen Clubsessel, Cocktailsessel sowie ein Fernsehsessel und Ohrensessel. Radios wurden in Schränke eingebaut, in denen auch der Plattenspieler Platz fand, und in den Schlafzimmern standen Frisiertische mit einem Spiegelaufsatz.
Die Möbel der 60er Jahre
Diese Vintage Stücke wurden zu unvergesslichen Klassikern. Sie waren einfach und funktional. Sie gaben sich rund und hatten kaum Ecken und Kanten.
Die Baumaterialien wurden vermischt, zum Beispiel wurde Holz mit Kunststoff kombiniert. Neu war auch, dass Designideen aus den Vereinigten Staaten übernommen wurden.
In den 70er Jahren
In dieser Zeit wurden die Sessel rund. Sie bekamen Metallfüße oder wurden durch Sitzsäcke ersetzt. Als bevorzugte Farben erwiesen sich grün, orange und braun, wobei Sofabezüge häufig kariert gemustert wurden. Sofas zeigten sich damals besonders groß, sodass bis zu fünf Personen sitzend darauf Platz fanden. Teppiche mussten flauschig sein. Sie waren cremefarben, aber auch in grün und orange vorhanden und sorgen heute für echtes Retro-Feeling. Diese Zeitreise zeigt die Verschiedenartigkeit der jeweiligen Zeitabschnitte und auch, wie eng Farben und Formen mit der gesellschaftspolitischen Situation verwoben waren.
Vor allem Möbel sind Zeitzeugen unserer jüngsten Vergangenheit, die manch einer hautnah erlebt hat. Nicht nur die Trendorientierung allein, sondern ebenso die Sehnsucht nach vergangenen Zeiten, lassen die nostalgische Inneneinrichtungen aufleben.
Vintage, Shabby und Landhausstil
Um echte Vintage Möbel handelt es sich, wenn sie tatsächlich aus der Zeit zwischen 1920 und 1970 stammen. Aufgrund ihrer Beliebtheit gibt es immer häufiger Hersteller, die einzelne Möbelstücke auf alt trimmen. Dabei spricht man vom sogenannten Used-Look, der werbewirksam auch als Shabby Chic bezeichnet wird. Beim Shabby Chic darf nach Lust und Laune gesammelt und dekoriert werden.
Die Einrichtung ist praktisch und bequem und der eingerichtete Raum sieht einladend und bewohnt aus. Durch die charmant gebrauchte Optik in Verbindung mit umfassender Farbvielfalt verleiht der Shabby Chic der Einrichtung ein wohliges Ambiente. Aufgepeppt werden Räume mit pastellfarbenen Vorhängen und einem weichen und gemütlichen Sofa. Dazu passt etwa ein Bücherregal aus Massivholz, das einen blauen Anstrich aufweist. Aufgrund der farblichen Gestaltung kommt der Stil nahe an den Landhausstil heran.
Auch beim Landhausstil dominieren sowohl beim Schrank oder bei der Anrichte und weiteren erlesenen Stücken natürliche und weiße Farbtöne, kombiniert mit pudrigen Pastellfarben, die beim Shabby Chic auch etwas dunkler ausfallen und mit Gold und Silber kombiniert werden dürfen. Während beim Landhausstil zur Dekoration Baumwollstoffe verwendet werden, darf es beim Shabby Chic auch Samt, Seide, Satin, Leder und altweiße Spitze sein, gerne auch gestrickt oder gehäkelt mit Tüllakzenten und Rüschen.
Vintage, Retro- und Industriestil: Gemeinsamkeiten und Unterschiede
Oft im selben Atemzug wird auch der Industriestil genannt, der auch als Functional Industrial Design bezeichnet wird. Tatsächlich handelt es sich hierbei um eine Stilrichtung, deren Fokus auf der Funktionalität eines Objektes oder Möbelstückes liegt. Der Industriestil, der seinen Ursprung in der Art and Crafts-Bewegung hat, weist als prägendes Element Funktionsmöbel aus Turnhallen oder aus der industriellen Fertigung, insbesondere aus Industriehallen auf. So kommt im Industrial-Style hervorragend ein Esstisch zur Geltung, der aus einer alten Industriewerkstatt der 20er entstammt. Aber auch ein Couchtisch auf Eisenräder und mit Metallgestell ist ein originaler Klassiker, der ganz neue Facetten ins Zimmer bringt.
Ganz anders verhält es sich beim Retro Style, der oftmals mit Vintage Möbeln und dem Industriestil vermischt wird. Retro Möbel knüpfen an alte Traditionen, an die Formen und Farbgebungen vergangener Epochen und Zeiten an. Sie sind jedoch neu angefertigt und orientieren sich in der Optik an den Merkmalen der historischen Vorbilder. Insoweit kann man Retro Einrichtungsgegenstände als Kopien antiker Möbel bezeichnen. Revivals sind in unserer Geschichte nicht neu. So wurden die klassischen Formen und Bauten der Antike in der Renaissance wieder aufgegriffen und baulich umgesetzt. Nichts anderes fließt in Retro ein, die sich an den Formen und Farben vergangener Zeiten anlehnen.
Vintage Möbel verleihen der Einrichtung ganz neue Facetten
Das richtige Maß ist bei der Inneneinrichtung entscheidend. Um den Museumscharakter zu vermeiden, sollten Elemente im alten Look gekonnt mit Einrichtungsobjekten aus anderen Epochen, Materialien und Stilrichtungen gemischt werden, ohne dass das einzelne Möbelstück an Strahlkraft verliert. Denkbar sind auch Gruppierungen mehrerer Ausstattungselemente ein- und derselben Stilrichtung. So lässt sich zum Beispiel ein Schrank im einfachen Landhausstil und aus weißem Teak ideal auch in moderne Wohnkonzepte integrieren.
Sie werden überrascht sein, wie gut Retro und Modern harmonieren. Eine Vitrine mit Gitter fügt sich optimal im Industriestil ein. Wer mutig ist, bezieht ein Vintage Sofa mit einem auffälligen Stoff, der konträr zu den Farben der jeweiligen Epoche ist. Es ist aufregend, eine Wohnung oder ein Haus nach den eigenen Vorstellungen zu gestalten, insbesondere wenn verschiedene Stilrichtungen gemixt werden, die die eigene Persönlichkeit unterstreichen.