« Wir erklären die Unterschiede »
Es ist die Handwerkskunst, die fasziniert, sowie der Reiz vergangener Tage und die Liebe zum Detail, die Antiquitäten zu etwas Besonderem machen. Ihre Einzigartigkeit steht in einem herben Kontrast zur automatisierten Massenproduktion von Möbeln und Dekorationsartikeln unserer Zeit. Menschen haben ganz unterschiedliche Gründe, warum sie sich für antike Möbel begeistern. Doch wobei handelt es sich um echte Antiquitäten und wobei um antike Möbel? Und wie definieren sich diese Begriffe?
Warum Dinge aus vergangenen Zeiten so faszinierend sind
Antike Dinge aus dem Barock, dem Rokoko, der Gründerzeit, dem Biedermeier und dem Jugendstil sind sichtbare Merkmale vergangener Zeiten, die Ausdruck sind der damals vorherrschenden gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Verhältnisse. Tatsächlich hat sich erst im 17. Jahrhundert die Einrichtung eines Hauses, so wie wir sie kennen, durchgesetzt. Die Geschichte der Möbel ist damit auch die Geschichte der Kultur und der Kunst, die den Stil verschiedener Epochen sehr deutlich widerspiegeln.
Definitionen
Zu den Antiquitäten zählen Gegenstände, die einen künstlerischen oder kunsthandwerklichen Ursprung haben. Dazu können Sitzmöbel, Tische, Betten, Vitrinen, Sofas, Schränke, Uhren, Sekretäre und Schreibtische sowie Lampen gehören, die mindestens 100 Jahre alt sind.
Schon der Begriff Antiquität gibt Auskunft darüber, was gemeint ist. Er wird aus dem Lateinischen antiquitas abgeleitet und mit Altertum übersetzt. Antike Gegenstände müssen nicht als Sammelobjekte mit entsprechender handwerklicher Qualität und dem daraus resultierenden materiellen Wert und Qualität geschaffen worden sein. Sie können sich auch im Laufe der Jahre und Jahrzehnte aufgrund ihres Alters und ihrer Seltenheit zu gesuchten Antiquitäten entwickeln.
Das gilt für einfache Gebrauchsgegenstände, für Werkzeuge und für Küchenutensilien, um nur einige zu nennen. Alte Noten, Bücher, Schriften, Zeitungen und Zeitschriften werden ebenso als antiquarisch bezeichnet. Das bedeutet, dass nicht nur das Alter darüber entscheidet, ob es sich um eine Antiquität handelt, sondern auch die Ästhetik und der Seltenheitswert. Nur sehr seltene und sehr schöne Stücke eignen sich als Sammlerobjekt, das über einen funktionalen Nutzen hinaus auch einen besonderen Marktwert hat und sich auch als Investment eignet.
Ein Streifzug durch einzelne Epochen
Abhängig von dem jeweiligen historischen Zeitabschnitt, in dem sie gefertigt sind, werden Antiquitäten bestimmten Stilepochen zugeordnet, die ihre Spuren in der Architektur, in der Kunst, der Mode und auch bei Möbeln hinterlassen haben. Bekannte Stilrichtungen heißen beispielsweise Biedermeier, Rokoko, Barock, Gründerzeit oder Jugendstil. Gemeinsam werfen wir einen Blick auf die verschiedenen Möbelstile und ihre markanten Eigenschaften.
Biedermeiermöbel – eine Zeit der schlichten Eleganz
Der Ausdruck Biedermeier beschreibt eine ganz eigene Kunst und Kultur des Bürgertums, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts vorherrschend war. Biedermeiermöbel zeichnen sich durch einen eher schlichten, aber eleganten Stil aus. Einheitlich ist dieser Stil allerdings nicht.
Im Vordergrund standen die Behaglichkeit und die Zweckmäßigkeit. Das Mobiliar war glatt und großflächig und entfaltete durch die Holzmaserung eine auffallende Wirkung. Bevorzugte Hölzer waren Kirschbaum und Nussbaum im Süden und Birke sowie Mahagoni im Norden Deutschlands. Typisch für den Biedermeierstil sind Kleinmöbel wie Sekretäre, Schlittenbetten, Kommoden, Bilderuhren und Tischuhren.
Barockmöbel – geschwungene Linien und gebauchte Flächen
Das Zeitalter des Barock ist der Zeitraum zwischen 1570 und 1770, der sich an die Renaissance anschloss. Die strenge und rationale Ordnung der Renaissance wurde aufgelöst und wich den für das Barock typischen geschwungenen Linien und gebauchten Flächen.
Poliertes Holz wurde mit Einlegearbeiten aus Schildpatt, Metall, Elfenbein und Halbedelsteinen aufgewertet. Sockel, Giebel und Gesimse verliehen Möbeln eine gewellte Silhouette. Aus vormals geradlinig geformten Säulen wurden spiralig gedrehte. Der wachsende Wohlstand zeigte sich insbesondere in den ausladenden Verzierungen.
Rokokomöbel – die Verfeinerung des Barockstils
Aus dem späten Barock entwickelte sich von 1730 bis 1780 das Rokoko, dessen Ursprung in Frankreich lag. Das Rokoko war eine Verfeinerung des Barockstils, was sich durch noch mehr Verzierungen und Einlegearbeiten manifestierte.
Das Rokoko verwandelte die Schwere und den Pathos des Barocks in heitere Leichtigkeit, in Anmut und Grazie. Es war die Zeit der Ballsäle, der Spielzimmer und Spiegelkabinette. Die Unterschiede zwischen dem höfischen und dem bürgerlichen Mobiliar verschmolzen, wobei es sich zu einem Indikator für die Standeszugehörigkeit entwickelte.
Gründerzeitmöbel – repräsentative Schwergewichte
In Deutschland beginnt die Gründerzeit mit der Gründung des Deutschen Reiches im Jahr 1871. Es war eine Zeit, in der Städte wuchsen, und die Industrie expandierte. Dennoch war sie geprägt von Rückbesinnung und nationalem Bewusstsein. Berühmt ist die Gründerzeit durch ihre große Freiheit in der Anwendung von Formensprachen unterschiedlicher Epochen.
Diese Offenheit zeigte sich nicht nur im Möbelbau, sondern auch in der Baukunst und in der Literatur. Mobiliar sollte repräsentativ sein. Kleinmöbel gab es deshalb selten. Stattdessen fand man in den Wohnzimmern reich verzierte Buffets und schwere Tische. Die Grundformen waren kantig, wurden jedoch geschmückt mit Stilelementen aus der Renaissance.
Jugendstilmöbel – im Zeitenwandel zwischen dem 19. und dem 20. Jahrhundert
Jugendstil ist ein Begriff für eine bedeutsame Stilrichtung, die sich Ende des 19. Jahrhunderts und bis in die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts nicht nur in Deutschland entwickelte. Es war eine Art Abwehrhaltung, die sich an keiner historischen Stilrichtung oder an geschichtlichen Ordnungsbegriffen orientierte. Stattdessen war der Jugendstil etwas Neues, sehr eigen, zeitgenössisch und sehr lebendig. Eine Orientierung gab es doch. Es war die Natur.
Und so waren die Hauptmerkmale des Jugendstils eine Belebung der Fläche, von Asymmetrie und Bewegung sowie eine Verbindung zwischen Funktionellem und Organischem. Die Konstruktionen waren schwungvoll, mit floralen Motiven wie Seerosen, Blumen, Lilien und Wurzeln verziert, die später strengen geometrischen Formen wichen.
Der Fachhandel ist eine seriöse Anlaufstelle
Für Laien ist es nicht einfach, die wesentlichen Merkmale einer Antiquität als solche zu erkennen oder gar einer bestimmten Epoche oder Stil zuzuordnen. Doch es gibt spezielle Antiquitätenführer in Buchform, die dabei helfen, die Herkunft, den Hersteller, den Marktwert oder Sammlerwert eines Stückes zu bestimmen. Erste Anlaufstelle ist der Fachhandel.
Erfahrene Antiquitätenhändler können wahrscheinlich sehr schnell Auskunft über den Stil und das Alter eines Gegenstandes oder Möbelstückes geben, wobei zunächst die Vorlage eines Fotos, von bewegten Bildern oder Fotos auf digitalen Endgeräten ausreichen.
Antike Möbel – Neues in altem Gewand?
Antiquitäten sind Sachwerte, und so wundert es nicht, dass immer wieder versucht wird, antike Möbel als solche anzubieten und zu verkaufen. Wer informiert ist und ein waches Auge hat, kann sich vor Fehlkäufen schützen. Aufhorchen sollte man, wenn seltene Antiquitäten oder Raritäten angeboten werden. Fehlen zum Beispiel eine konkrete Altersangabe oder Hinweise auf die Herkunft, dann ist das angebotene Mobiliar oft keine Antiquität. Stutzig werden sollte man auch, wenn für den Verkauf übertriebene Marketing-Formulierungen verwendet werden.
Wirklich antik oder doch nur restauriert oder repariert?
Für ein ungeübtes Auge ohne Erfahrung ist es kaum möglich, vermeintlich antike Möbel von echten Antiquitäten zu unterscheiden. Doch es gibt einige Merkmale, die ein Indiz für die Echtheit sind. Wirklich alte Einrichtungsgegenstände wurden immer in Handarbeit hergestellt, sodass sie Unterschiede zu maschinell gefertigten Stücken aufweisen. Verwendete Leime und Lacke geben ebenfalls Auskunft über das Alter eines Möbelstückes. Ein weiteres Problem ist, dass der Werkstoff Holz durch verschiedene Methoden auf alt getrimmt werden kann. Verschiedene dunkle Holzpartien können deshalb ein Hinweis auf nachträgliche Arbeiten an einem Möbelstück sein.
Für die einen sind Antiquitäten in Kombination mit modernen Möbeln ein gelungener Einrichtungsmix. Für die anderen sind sie Luxusgüter, Sammler- und Investitionsobjekte. Wer sie kaufen möchte, sollte keine Spontankäufe tätigen. Um ein Gefühl dafür zu entwickeln und wirklich Altes erkennen zu können, kann es sinnvoll sein, Fachmessen zu besuchen und sich umfassend zu informieren.
Darauf kommt es beim Kauf an
Antiquitäten erkennen kann man anhand gewisser Besonderheiten und Eigenheiten. Bestimmte Formen sind untypisch für sie. Das gilt zum Beispiel für scharfe Kanten und Ecken, die auf eine Entstehung neueren Datums hinweisen. Sie sind bei alten Möbelstücken eher weich und abgerundet und wegen der Handarbeit oft ungleichmäßig.
Sind die Flächen sehr glatt, kann das ein Hinweis auf die Verwendung eines Schleifgerätes sein. Dünnere Furniere können auch ein Indiz für antike Möbel neueren Datums sein, da früher wesentlich dickere Furniere verwendet wurden. Sind Verzierungen, Zapfen oder Schwalbenschwänze besonders glatt, ist ebenfalls von einer maschinellen Fertigung auszugehen.
Antik oder nicht – manchmal gefällt es einfach
Mobiliar ist eine Geschmacksfrage. Und wenn es lediglich um den Stil der eigenen Einrichtung geht und Möbelstücke wirklich gefallen, spielt es natürlich keine Rolle, ob es sich um echte Antiquitäten oder „nur“ um einen Nachbau handelt.
Bei Letzterem ist vor allem die Qualität wichtig. Hochwertige Schränke oder Bänke im Jugendstil oder Biedermeier aus Massivholz machen für das eigene Interieur großen Sinn. Schließlich handelt es sich um Stücke, die mit Leidenschaft und in vielen Arbeitsstunden sorgsam gefertigt wurden. Um Antiquitäten handelt es sich dabei jedoch trotzdem nicht.