Wohnpalast Magazin
« Der zeitlose Mix aus Modernität und Vintage »
Mut, Moderne und legendäre Designs: Aus dem Wohlstand der Nachkriegszeit stieg ein neuer Wohnstil empor, der organische Formen mit klaren Linien, neuen Mustern und echten Möbel-Hinguckern in den eigenen vier Wänden vereinte. Die Rede ist vom Mid-Century Style: Geprägt vom Spagat zwischen gemütlichen Erdtönen und zukunftsweisendem Charakter, ist der Einrichtungsstil aktuell wieder voll im Trend.
Vintage trifft Moderne: Einrichtung in den 1950er-Jahren
Vor allem in den USA besaßen große Teile der Bevölkerung nach dem Zweiten Weltkrieg eine hohe Kaufkraft, die das Verlangen nach einer neuen, schicken Form des Wohnens beflügelte. Die Menschen genossen ihren Wohlstand, indem sie ihre Einrichtung mit modernen Einrichtungsgegenständen bestückten und im Vergleich zur Vorkriegszeit spürbar kreativer wurden: An die Stelle klassischer Ornamente rückten nun sanfte, organische Kurven, während der Materialmix um neuartige Werkstoffe wie Vinyl, Kunststoff, Glas oder Aluminium ergänzt wurde. Nicht nur junge Familien standen Schlange vor den Möbelgeschäften, um ihren Hunger nach fließenden Linien und einem neuen Wohngefühl zu stillen. Im Wirtschaftswunder der frühen Bundesrepublik war ein ähnlicher Trend zu verzeichnen und wird heute in die Ära der Nachkriegsmoderne verortet. Wann exakt der Mid-Century-Stil vorherrschte, spaltet die Fachwelt; eine grobe Einordnung zwischen 1947 und 1965 kommt der Realität nahe.
Totale Moderne prägte den Stil jedoch nicht. Statt ihre kompletten Wohnungen leer zu räumen und neu zu streichen, vereinten die Menschen den modernen Möbelstil mit einigen Elementen der Vorkriegszeit: Gemütliche Mustertapeten, erdige Töne und weiche Polster sorgten weiterhin für bequemes Wohnen, wurden aber um exotische Leuchten, Pop-Art-Kunstwerke und leuchtende Farbakzente ergänzt.
Konzept: Licht und Weite im Mid-Century-Wohnzimmer
Um den zeitlosen Style und das Lebensgefühl des mittleren 20. Jahrhunderts ins eigene Heim zu transportieren, genügt es nicht, ein paar Retromöbel in die vorhandene Einrichtung zu stellen. Ein ganzheitliches Wohnkonzept ist gefragt, das schon beim Licht anfängt: Freie Grundrisse und offene Räume statt kleine Zimmerchen sind das Gebot der Stunde, weshalb das Einreißen nicht tragender Wände zu den wirksamsten, aber natürlich auch radikalsten Schritten zur Realisierung des Mid-Century-Stils zählt. Große Fensterfronten und Schiebetüren, die das Interieur mit Außenbereichen verschmelzen lassen, bringen zusätzliches Tageslicht ins Wohnzimmer. Auch freie, großzügige Fensterflächen statt massenhafte Dekoration und dicke Gardinen unterstützen den Stil in seiner typischen Luftigkeit. Unser Ratschlag: Flache, maximal hüfthohe Möbel verstärken die offene Aura zusätzlich.
Eine besondere Erwähnung verdient die künstliche Beleuchtung des Mid-Century Style. Denn die aufsehenerregenden Kunstwerke der Fünfziger und Sechziger haben es in sich: Skulpturale Designs, die die Blicke aller Gäste beim Betreten des Raums fesseln, bringen eine der spannendsten Seiten des Einrichtungsstil zur Geltung. Aber Achtung: Man sollte sich auf einen einzigen Eyecatcher dieses Kalibers pro Raum(ecke) beschränken und die übrigen Stellen mit dezenter Beleuchtung erhellen, um nicht das chaotische Flair einer Lichtmesse aufkommen zu lassen.
Designer-Modelle und Shabby Chic: welche Möbel prägen den Mid-Century Style?
Klassische Hölzer haben im Mid-Century-Stil einen festen Platz. Geprägt von Leichtigkeit und geschwungenen Linien statt aufwendigen Schnitzereien, übernehmen sie den warmen, gemütlichen Part der Einrichtung und können diverse Ausprägungen erreichen. Ikonisch ist das „schwebende“ Sideboard auf kleinen Füßen, aber auch weiche Sessel mit optisch leichter Anmutung zeichnen das Interieur. Besonders wohnlich wirken Mid-Century-Möbel aus dunklem Teakholz, aber auch hellere Hölzer im Shabby Chic können je nach persönlicher Vorliebe genutzt werden. Sie verleihen dem Mid-Century Style eine skandinavische Note und betonen als Vintage Möbel – gerne mit sichtbaren Gebrauchsspuren – den traditionellen Teil der 50er- und 60er-Jahre-Einrichtung.
Um seine progressive, moderne Seite offenbaren zu können, ist das Mid-Century auf Retromöbel angewiesen. Ikonische Klassiker wie der Eames Lounge Chair oder der berühmte Tulip Chair sind zwar keine Schnäppchen, bringen den Zukunftsgeist der Nachkriegsära aber stärker zum Ausdruck als jede andere Komponente. Neben exotischen Designs sorgen vor allem die fortschrittlichen Materialien der Möbel von Kunststoff bis Aluminium für ein modernes Gefühl im Wohnstil.
Farbig, bunt, gemustert: Jetzt ist Kreativität gefragt
Egal, welche Mid-Century-Möbel den eigenen Geschmack begeistern: Ohne das richtige Farbkonzept kann der Wohnstil nicht zum Ausdruck kommen. Wir möchten betonen, dass ausgeflippte Farben nicht im Fokus der Einrichtung stehen: Dominiert wird das Flair von sanften Erdtönen im bräunlichen, sandfarbenen Spektrum, um ein behagliches Gefühl des Komforts und des „Zuhauseseins“ zu erschaffen. Spannung entsteht durch einzelne Eyecatcher wie beispielsweise einen hellblauen Ledersessel, ein knallbuntes Comic-Bild an der Wand oder einer tierischen Pop-Art-Skulptur in leuchtendem Gelb. Auch Muster auf Polstern und Tapeten zeichnen den Stil aus, wobei wilde Kombinationen und eine Prise Mut erlaubt sind. Das Mischen unterschiedlicher Dekormuster klingt zwar im ersten Moment nach ästhetischem Chaos, kann durch einen simplen Trick aber zu einem echten Highlight der Einrichtung werden: Das Kombinieren von blassen und knalligen Mustern.
Eine neue Tapete ist für den kreativen Style erstmal nicht erforderlich: Wir beginnen mit Kissen, Tischdecken und einem Couch-Überwurf und setzen den fröhlichen Vintage Touch auf der Terrasse fort, die im Sinne des offenen Lichtkonzepts ohnehin durch eine große Glastür mit dem Wohnzimmer verbunden ist. Gemusterte Polster für die Gartenmöbel gepaart mit einem Vintage Möbel wie einem 50er-Jahre-Abstellstisch? Die perfekte Outdoor-Interpretation des Mid-Century Style.
Stromlinienformen: Vintage Feeling im 21. Jahrhundert
Während stromlinienförmige Rennwagen ihren Durchbruch bereits in den 1930er Jahren feierten, wurden Einrichtungen erst nach Ende des Zweiten Weltkriegs mit den windschnittigen Idealformen ausgestattet. Damals repräsentierten sie puren Futurismus und prägten bald sämtliche Haushaltsgeräte: Vom Röhrenradio bis zum Fernseher, Staubsauger und Toaster verfügten sämtliche Alltagsgegenstände über das rundliche Design. Sogar Töpfe, Zitronenpressen, Mixer und Aschenbecher sowie dutzende weitere Objekte übernahmen schrittweise den „schnellen“ Look, wie er seinerzeit tituliert wurde. Unser Tipp: Achten Sie beim Kauf Ihrer Deko in Zukunft auf weiche Stromlinienformen, um den Style des mittleren 20. Jahrhunderts bis ins letzte Detail zu übernehmen. Richtig authentisch wird die Einrichtung, wenn ein originales Röhrenradio gut sichtbar im Wohnzimmer positioniert und vor allem genutzt wird, um den zeitlosen Stil nicht nur optisch und haptisch, sondern auch akustisch spürbar zu machen.
Ob man das Mid-Century-Wohnzimmer nur dezent betonen oder eine Zeitreise in den komfortablen Charme der 1950er-Jahre erleben möchte, bestimmt die Intensität der Umsetzung. Fakt ist: Der Einrichtungsstil ist auf dem Vormarsch und zeigt eindrucksvoll, wie zwei scheinbar widersprüchliche Welten – Modernität und Vintage – eine stilvolle Symbiose eingehen.