Biedermeier-Zimmer - Merkmale von Biedermeier-Möbeln
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Die typischen Merkmale von Biedermeier-Möbeln erklärt

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Wenn Antikmöbel fürs heutige Auge alles andere als bieder wirken, handelt es sich oft um Biedermeier-Möbel. Denn die schlicht eleganten Tischlerarbeiten wurden für bürgerliche Haushalte geschaffen, die ihre private Rückzugsoase praktisch und gemütlich einrichten wollten – zu einer Zeit, in der sich viele Menschen von Veränderungen und Herausforderungen verunsichert fühlten. In diesem Magazinbeitrag möchten wir Ihnen die Merkmale von Biedermeier-Möbeln etwas näherbringen.

Wann war die Biedermeier-Epoche?

Gemälde, Musik, Kleidung oder Interieur: Von jeher wurden die Dinge, mit denen sich Menschen umgeben, von Trends ergriffen. Rückblickend spricht man von Kunstepochen mit charakteristischen Stilelementen, die sich zeitlich eingrenzen lassen. Das wichtigste Merkmal, woran man originäre Biedermeier-Möbel erkennt, ist deshalb die Entstehungszeit. Gängig ist der Bezug auf die Jahre 1815 bis 1848, der jedoch nicht in Stein gemeißelt ist. Einige Kunsthistoriker erkennen schon die ersten stilistischen Impulse im späten 18. Jahrhundert. Andere Experten vertreten die Ansicht, dass die wahrhaft authentische Biedermeierzeit bereits 1835 endete.

Biedermeier-Wohnzimmer um 1830 - Merkmale von Biedermeier-Möbeln
Von Frank Schwichtenberg – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4814837

Nachläufer und Replikate – keine Möbel der Biedermeierzeit und trotzdem charmant!

Klar ist, dass sich das Möbeldesign recht zügig über mehrere Comebacks freute. Kaum war die Biedermeier-Epoche vorbei, deren Merkmale insbesondere Betuchte oft belächelten, kam dafür plötzlich Begeisterung auf. Als Anlass werden oft die aufkommenden Gründerzeitmöbel als frühe Beispiele der maschinellen Industrieproduktion genannt. Nach dem Ersten Weltkrieg flammte im frühen 20. Jahrhundert erneut das Interesse auf und bewog zu Reproduktionen. Solche Antiquitäten verkörpern viele Merkmale, an denen man auch Biedermeier-Möbel eigentlich erkennt, sind allerdings genau genommen keine Originale. Relevant ist diese Abgrenzung für Sammler und für die Preisfindung antiker Möbel. Wer sich Kontrastmomente für die moderne Wohnungseinrichtung wünscht, darf gern ein Auge zudrücken und sich am Charme der Biedermeierzeit erfreuen, den das gebrauchte oder neu gefertigte Fundstück versprüht.

Truhen Bank Biedermeier antikbraun - in verschiedenen Größen

Erfindergeist als wichtiges Merkmal

Kaum wurde eine Innovation verdaut, schlägt man die Zeitung auf und entdeckt die nächste Errungenschaft. Die Industrialisierung nahm überall zu und veränderte das Leben in fast allen Bereichen tiefgreifend. Das damit verbundene Unbehagen trug maßgeblich dazu bei, dass sich ein bürgerliches Interesse fürs stilvolle Wohnen und die typischen Merkmale von Biedermeier-Möbeln herausbildeten. Schlag auf Schlag wurden damals Erfindungen vorgestellt, von denen wir bis heute profitieren. Die enge Beziehung zwischen technischen Fortschritten und den gemütlichen Facetten der Biedermeier-Möbel ist wenigen Menschen bewusst und deshalb ein grandioser Anknüpfungspunkt für unkonventionelle Dekorationsideen. Hier hebt sich das Porträt eines Franzosen von der Wand hervor, dort steht ein nostalgisches Bürogerät neben dem antiken Buch in Brailleschrift.

Auf dem Esszimmertisch sind Saisonblumen in betagten Vintage-Blechdosen eingetopft, während auf der Fensterbank eine urige Modell-Lok thront. Kurz vor der Biedermeierzeit erfand Pellegrini Turri die Schreibmaschine und kamen die ersten Blechkonserven auf. Der französische Physiker auf dem Wandbild leistete Pionierarbeiten für Solarzellen, während Louis Braille die Blindenschrift entwickelte und George Stephenson die erste Dampflokomotive vorstellte. So vermittelt die Deko brillant, wie ereignisreich die Zeit war, als der antike Esstisch entstand, an dem die Gäste über die Zeitzeugnisse und Möbel aus der Biedermeierzeit vergnügt plaudern.

Couven-Museum: Biedermeierzimmer
Von © Geolina, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=42745999

Gemütlichkeit und zurückhaltende Eleganz als Merkmale

Die napoleonischen Kriege fanden das ersehnte Ende, während demokratische Umbrüche zugunsten der breiten Bevölkerung schon in der Luft lagen. Umso ernüchternder waren für viele Menschen der rückwärtsgewandte Politikkurs und die Ergebnisse des Wiener Kongresses. Gleichzeitig beunruhigten die Finanzkrisen und sichtbaren Schattenseiten der zunehmenden Industrialisierung. Wenn das Szenario vor der Haustür wenig erquickt, tröstet ein idyllisches Zuhause darüber hinweg. Für diese Strategie entschied sich das Bürgertum zur Biedermeierzeit. Dabei legte man Wert darauf, sich vom luxuriösen Pomp der Adelshäuser zu distanzieren, der eher Macht repräsentierte als Gemütlichkeit verströmte. Das beflügelte die zentralen Merkmale von Biedermeier-Möbeln, die wunderbar mit dem gegenwärtigen Wohnstil harmonieren.

Biedermeier-Schlittenbett um 1820/1830 im Helgolandzimmer im Museum Langes Tannen in Uetersen
Von Frank Schwichtenberg – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4814936

Einfach wirkten damals die heimischen Hölzer wie Nussbaum oder Kirschbaum, die heute einen edlen Touch haben. Weitere Merkmale der Zeit sind klare und symmetrische Formen, die durch wohldosierten Dekor mit klassizistischen Aspekten und abgerundete Kanten aus heutiger Sicht eine Prise Nostalgie erhalten. Wann war die Biedermeier-Epoche? In einer Zeit, als man gern die Liebe zur Natur demonstrierte – insbesondere in den zunehmend industrialisierten und emsigen Städten. Es wundert deshalb nicht, dass die sorgsame Verarbeitung der stilvollen Holzmöbel und Inszenierung der feinen Maserungen ein weiteres Merkmal ist. Wenngleich sich der Möbelstil auf Deutschland, Österreich und die Schweiz fokussierte, sprechen viele Kunsthistoriker dem englischen Möbeltischler Thomas Sheraton einen großen Einfluss zu.

Truhenbank Biedermeier zweifarbig 183 cm

Vergnügte Atmosphäre als willkommenes Merkmal

Ein elegantes Charisma, das ungekünstelt dazu verleitet, die Seele baumeln zu lassen, ist ein wesentliches Merkmal, woran man Biedermeier-Möbel erkennt. Im Vordergrund stand die Idee, mit der Familie und Gästen genüsslich zu entspannen – beim gemeinsamen Plaudern, Lesen und Musizieren. Generell durfte es dabei amüsanter zugehen – sowohl im privaten Umfeld als auch bei den Abstechern vor die Tür.

Esszimmer (spätes Biedermeier) - Merkmale von Biedermeier-Möbeln
Von Frank Schwichtenberg – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4814720

„Heiter auch in ernster Zeit“ – so lautet ein Titel der zahlreichen Walzer von Johann Strauss, die mit ihrer schwungvollen und unkomplizierten Art den Zeitgeschmack vieler Musikfans trafen. Gern lauschte man diesen Klängen nicht nur auf Bällen, sondern auch bei kurzweiligen Besuchen in den Kaffeehäusern, die zur Biedermeierzeit alle Gesellschaftsschichten in Wien ansteuerten. Wäre es nicht aufheiternd, diese Merkmale beim familiären Treffpunkt aufzugreifen – mit Wiener Kaffeehausstühlen, antiquarischen Büchern im Regal und Notenblättern von Walzerklassikern an der Wand bei der Küchengestaltung?

Typisch Biedermeier-Möbel: Funktionalität, die überrascht!

Eher rechteckig und klar ist die generelle Formgebung, wodurch die Truhenbank auch mit stattlichen Abmessungen nicht wuchtig erscheint. Zweifelsfrei sind die geschwungenen Linien und Drechselarbeiten an der Rückenlehne bezaubernd. Magisch angezogen fühlen sich die Augen allerdings von der wunderschönen Holzmaserung. Der Eyecatcher im einladend gestalteten Landhausflur vereint nicht nur äußerlich typische Merkmale von Biedermeier-Möbeln. Das Gleiche gilt für die inneren Werte. Die Holzbank ergänzt großzügig den Stauraum der antiken Truhe, die andernorts den Eingangsbereich aufwertet.

Biedermeier Truhe Weichholz - Merkmale von Biedermeier-Möbeln

Sie erinnert an die Schatzkisten voller Waren, die aus fernen Ländern stammten und nach dem Wiener Kongress auch schneller das Binnenland erreichten. Denn bei den politischen Verhandlungen vereinbarte man auch wichtige Regeln, um die europäischen Flüsse für den Handelsverkehr zu nutzen. Die verstärkte Öffnung der allgemeinen Bevölkerung für neuartige Güter war genauso zeittypisch wie das funktionale Design der Truhenbank. Untergliederte Fächer und geräumige Schubladen waren wichtige Merkmale von Biedermeier-Möbeln, weil im bürgerlichen Haushalt das Interieur auch alltagstauglich sein musste.